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... im Straf- und Strafverfahrensrecht

OLG Oldenburg: Betrug durch Ping-Anrufe

Mit Beschluss v. 20.08.2010 entschied das OLG Oldenburg entgegen des die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden LG, dass sog. Ping-Anrufe einen (versuchten) Betrug darstellen. Der Leitsatz der Entscheidung lautet:

"In automatisiert durchgeführten, nach Herstellung der Verbindung sogleich wieder abgebrochenen Telefonanrufen (sog. Ping-Anrufe), die nur dazu dienen, die Angerufenen zu einem kostenpflichtigen Rückruf zu veranlassen, liegt eine betrugsrelevante Täuschung der Angerufenen."

Hintergrund: Die Angeschuldigten hatten eine Mehrwertdienstenummer eingerichtet, für die bei jeder erfolgreichen Verbindung ein Entgelt von 0,98 Euro durch den Anrufer zu entrichten war. Um Anrufe für diese Nummer zu generieren, riefen die Angeschuldigten automatisiert eine Vielzahl von Telefonnummern an, wobei keine Verbindung zustande kam, da der Anruf nach einem Klingelzeichen wieder abgebrochen wurde. Durch den Anruf wurde die Mehrwertdienstenummer als Anrufer hinterlassen. Bezweckt wurde damit der Rückruf der die angerufenen Nummern innehabenden Geschädigten, was auch ca. 800.000 Geschädigte taten. Bei Anruf der Mehrwertdienstenummer wurde den Angerufenen ein Band mit der Ansage vorgespielt, dass der Anruf gezählt worden sei.

Das vorentscheidende Landgericht lehnte einen Betrug ab, da es an einer Täuschungshandlung fehle. Mit dem Anruf werde nicht die Erklärung übermittelt, der Anrufer habe den Angerufenen aufgrund eines sinnvollen Kommunikationsanliegens erreichen wollen. Der Ping-Anruf erschöpfe sich in der kurzzeitigen Verbindungsherstellung und des Hinterlassens der Rufnummer im Telefon oder der Telefonanlage des Angerufenen. Die Annahme eines Kommunikationsinteresses stelle eine willkürliche Unterstellung dar.
Auch wenn eine solche Erklärung dem Anruf beigemessen werden sollte, so sei dies keine Täuschung, da der Anrufer gerade den Rückruf wolle. Eine nähere inhaltliche Bestimmung bzgl. eines sinnvollen Kommunikationsverlangens ließe sich nicht begründen. Der Ping-Anruf unterscheide sich äußerlich nicht vom Anruf eines Teilnehmers, der sich verwählt habe.

Das Oberlandesgericht bejaht hingegen eine Täuschung, da ein eingehender Anruf über das damit verbundene Signal hinaus die konkludente Erklärung beinhaltet, jemand wolle inhaltlich kommunizieren. Auf die Anzahl der Klingetöne komme es nicht an, da für den Angerufenen nicht erkennbar sei, aus welchem Grund es beim einmaligen Anklingeln geblieben sei und die Anzeige der Nummer auch erfolge, wenn der Anruf in Abwesenheit des Adressaten erfolgt sei - dieser also nicht feststellen kann, wie oft das Telefon geläutet hat. Der Vergleich mit einem sich verwählenden Anrufer geht insoweit fehl, als dieser eine solche Erklärung nicht abgeben wollte.

Abzuwarten bleibt, wie das nunmehr im Hauptverfahren entscheidende Landgericht zur Täuschung Stellung beziehen wird. Wie das OLG eine sinnvolle von einer sinnlosen Kommunikation unterscheiden will, wird vorerst sein Geheimnis bleiben. Aus Sicht des Angerufenen stellt sich ein Anruf mit einmaligem Klingeln und Hinterlassen der Mehrwertdienstenummer jedoch nur als einen nicht zustande gekommen Kommunikationsversuch dar. Einem solchen Anruf weitere Bedeutung zumessen zu wollen, ist eine bloße Unterstellung. Dem Anklingeln kommt erst recht nicht die Bedeutung zu, dass der Angerufene zurückrufen solle, was das OLG hier ohne Erwähnung unterstellt. Denn nur durch den weiteren Erklärungsinhalt, dass der Angerufene zurückrufen solle, kann es zu einem Irrtum über dieses Verlangen und hiernach zu einer Vermögensverfügung - dem kostenpflichtigen Anruf - kommen. Dies gilt auch für die Fälle der Abwesenheit des Angerufenen. Bei den Fällen der Anwesenheit des Angerufenen kann die Erklärung eines Rückrufverlangens des nach einem Klingelton abgebrochenen Anrufs erst recht nicht vorliegen, da es zu viele denkbare Ursachen für das Abbrechen des Anrufs geben kann. Gerade im Abbruch nach nur einem Klingelton stellt es sich für den Angerufenen so dar, dass keine Kommunikation (mehr) gewünscht ist.

OLG Oldenburg v. 20.08.2010, Az. 1 Ws 371/10 (bei telemedicus.info)

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