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"(Straf)Verteidigung ist Kampf."
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- Hans Dahs, Handbuch des
... im Straf- und Strafverfahrensrecht

OLG Oldenburg: Zur Strafbarkeit nach unvorsätzlichem Erwerb kinderpornografischer Dateien auf Flohmarkt

Nach unvorsätzlichem Erwerb von kinderpornografischem Materiell setzt die Strafbarkeit des Erwerbers dann ein, wenn erkennt und es unter billigender Inkaufnahme für möglich hält, dass er Kinderprongrafie besitzt - und den Besitz sodann gleichwohl fortsetzt. Straflos ist insoweit, wer das Material sofort vernichtet oder bei einer Behörde abliefert.

Der Angekl. liess sich in der Hauptverhandlung so ein, dass er 50 CDs auf einem Flohmarkt ohne Kenntnis des Inhalts erworben hatte. Einige CDs habe er auf seinen PC überspielt. Bei einer Durchsicht habe er vereinzelte Dateien mit kinderpornografischem Inhalt festgestellt und die Dateien auf seinem PC sowie die Datenträger vernichtet. Ohne genaue Durchsicht des Inhalts aller CDs habe er Datenträger an eine weitere Person weitergegeben.

Das Gericht hat den Angeklagten wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften verurteilt. Die Revision war nicht erfolgreich.

Das OLG führt aus, dass für eine Strafbarkeit gem. § 184b ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis erforderlich ist, das die Möglichkeit einschließt, die Schriften oder Bilder sich oder anderen zugänglich zu machen. Hierfür ist wiederum Vorsatz erforderlich, der auch in Form des sog. bedingten Vorsatzes vorliegen kann. Ausreichend ist es damit, wenn der Täter es für möglich hält, aber billigend in Kauf nimmt, dass er entsprechendes Material besitzt.

Für den Fall, dass jemand unwissentlich und damit unvorsätzlich in den Besitz mit solchem Material gekommen ist, setze die Strafbarkeit dann ein, sobald der Besitzer erkennt oder es unter billigender Inkaufnahme für möglich hält, dass er kinderpornografisches Material besitzt, und den Besitz trotzdem fortsetzt. Er bliebe nur straflos, wenn er nach Erkennen des Inhalts das Material sofort vernichte oder es bei einer Behörde abliefere.

Den Ausführungen des OLG zum Vorsatz mag zwar im Grundsatz zuzustimmen sein. Jedoch unterwirft es Betroffene damit meist von ihnen nicht zu erfüllenden Prüfpflichten. Bereits bei einer Anzahl von 50 CDs mag man sich den zeitlichen Aufwand vorstellen, diese auf mögliches kinderpornografisches Material zu überprüfen. Wie sieht es aber bei 100 CDs oder einer Festplatte aus? Wer vermag sicher zu gehen, dass er jede mögliche Datei entdeckt und tatsächlich vernichtet hat? Übrig bleibt in solchen Fällen nur die Vernichtung sämtlicher erworbener Datenträger bzw. Dateien auf den Datenträgern und damit ein 100%iger wirtschaftlicher Verlust.

Leider bleibt das Gericht bei allgemeinen Ausführungen, um sich einer Strafbarkeit in den Fällen des unvorsätzlichen Erwerbs zu entziehen. Welches Material hier vernichtet werden soll, bleibt schleierhaft - nur die inkriminierten Dateien oder sämtliche Datenträger, auf die sich nach Ansicht des Gerichts der Vorsatz - wie hier - erstreckt? Wie sieht es beim Surfen im Internet aus? Wer traut sich schon zu, alle Datenspuren (jede temporäre Datei, jedes Vorschaubild, u.s.w.) einer Datei auch tatsächlich zu vernichten? Am Ende stünde auch hier die komplette Löschung der Festplatte...

OLG Oldenburg v. 29.11.2010 - 1 Ss 166/10 (bei efundus)

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