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"(Straf)Verteidigung ist Kampf."
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- Hans Dahs, Handbuch des
... im Straf- und Strafverfahrensrecht

OLG Hamburg: Zur Strafbarkeit des Surfens im Internet - Betrachten von Kinderpornographie

In seinem Revisionsurteil zu einem Strafverfahren wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften gem. § 184b Abs. 4 S. 1 StGB entschied das OLG Hamburg, dass bereits das Aufrufen von Internetseiten mit entsprechendem Inhalt zu einer Strafbarkeit führen kann.

Da bereits das technisch bedingte Zwischenspeichern von Dateien im Internet-Cache (Speicherung von Dateien in einem gesonderten Ordner auf der Festplatte des Computers) objektiv einen Besitz im Sinne der Strafvorschriften darstellt, kommt es in derartigen Verfahren auf den Nachweis des Vorsatzes an. Dabei setzt das Gericht den Maßstab eines durchschnittlich erfahrenen Internetnutzers an, der die Existenz und Funktion eines solchen Speichers kennt. Den Ausführungen der Verteidigung, dass der Nutzer, der entsprechende Inhalte lediglich betrachten möchte, keinen derartigen Besitzwillen hat, folgte das OLG nicht.

Die Entscheidung des OLG geht deshalb so weit, da es offensichtlich auch die Fälle erfassen möchte, wo entweder kein Vorsatz bzgl. des Speichern vorhanden ist oder ein (Zwischen-)Speichern nicht stattgefunden hat bzw. nicht nachweisbar ist. Aktuelle Browser unterstützen einen sog. Privacy-Modus, der den Festplatten-Cache nicht benutzt, so dass die Dateien lediglich im flüchtigen Arbietsspeicher zeitweise vorhanden sind. Das OLG sieht bereits im Betrachten der Inhalte unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung strafwürdiges Unrecht und begründet seine weitgehende Auslegung auch unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebotes gem. Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB unter Bezugnahme auf den umgangssprachlichen Gebrauch des Wortes "Besitz" und der Systematik zu den Besitzstrafbarkeiten nach dem Betäubungsmittelgesetz.

Das Gericht lässt damit außer acht, dass es sich bei der bloßen Speicherung im Arbeitsspeicher um eine kurze Dauer der Speicherung handelt, die von vornherein nicht auf längere Zeit angelegt und nur technisch bedingt ist. Der Speicher wird sowohl ohne direkten Einfuss des Nutzers angesprochen und benutzt, als auch wieder geleert.

Zuletzt muss der nicht nachgewiesene und bestenfalls lose Zusammenhang zwischen dem Konsumentenverhalten und dem vorausgehenden Missbrauchsverhalten Dritter zur Begründung der Strafbarkeit herhalten. Durch das Konsumentenverhalten werde ein Markt geschaffen bzw. erhalten, der weiterem Missbrauch Vorschub leiste.

Inwieweit das Gericht den ebenfalls nicht berücksichtigten Bedenken gegen eine Kriminalisierung von zufällig betrachteten Inhalten begegnen will, ist nicht ersichtlich. Es verweist auf die notwendigerweise durch das Gericht festzustellende subjektive Tatseite der Besitzverschaffung. Es verkennt dabei jedoch, dass eine Entlastung allein durch Leugnung des Vorsatzes bei dem von ihm selbst angesetzten o.g. Maßstab nicht Erfolg versprechend ist.

Entscheidung des OLG Hamburg v. 15.02.2010 - 2-27/09 - 1 Ss 86/09

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