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... im EDV- und IT-Recht

OLG Köln: Entkräftung der tatsächlichen Vermutung für Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers

Das OLG hält die tatsächliche Vermutung, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung über seinen Anschluss verantwortlich ist für entkräftet, wenn der Betroffenen vorträgt, sein Ehegatte habe ebenfalls Zugang zum Anschluss gehabt. In derselben Entscheidung hält das Gericht das Bestreiten der ordnungsgemäßen IP-Adress-Ermittlung mit Nichtwissen ohne weiteren Vortrag für zulässig.

Anlass der Entscheidung war eine Beschwerde des Betroffenen gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem Verfahren wegen der Verletzung von Urheberrechten des Herstellers eines Computerspiels über den Anschluss der Beschwerdeführerin.

Im Rahmen einer möglichen Täterhaftung der Beklagten führt das Gericht folgendes aus:
Grundsätzlich - und dies betonen Entscheidungen in Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen über das Internet gebetsmühlenartig - gilt eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für eine von diesem Anschluss aus begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist. Im konkreten Verfahren hat die Klägerin keinen Beweis dafür angeboten, dass die Beklagte die Verletzung auch tatsächlich begangen hat. Da die Beklagte vorgetragen hatte, dass ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann ebenso Zugriff auf den Anschluss hatte, hält das Gericht die o.g. Vermutung für entkräftet. Hierfür genüge es, dass die ernsthafte Möglichkeit eines von der Lebenserfahrung, auf die die Vermutung gegründet ist, abweichenden Geschehensablaufes feststeht. Die Entscheidung ist deshalb eine Neuerung, da bisher die Gerichte den vermeintlichen Verletzern eine sog. sekundäre Darlegungslast auferlegt hatten, nach der sie nunmehr "nachzuweisen" hatten, dass eine andere Person die Rechtsverletzung begangen hat.

Im Rahmen einer möglichen Störerhaftung entschied das Gericht nicht weniger spektakulär:
Die Beklagte hatte ohne weiteres Vorbringen bestritten, dass die IP-Adress-Daten ordnungsgemäß und richtig ermittelt worden seien. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist hier gem. § 138 Abs. 4 ZPO zulässig, sodass die Beklagte keine weiteren Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Ermittlungen vortragen musste.

Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch die Feststellungen im Anordnunsverfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG nicht präjudiziell für das Hauptverfahren sind. Dies folge bereits daraus, dass die dort getroffenen Feststellungen allein auf Angaben des Rechteinhabers beruhen, da der vermeintliche Verletzte an diesem Verfahren nicht beteiligt werden kann.

Zuletzt weist das Gericht noch darauf hin, dass den Anschlussinhaber zwar Aufklärungs- und Belehrungspflichten gegenüber seinen Anschluss nutzenden Personen, insbes. auch erwachsenen Hausgenossen, treffen kann. Nach wie vor umstritten ist jedoch, ob diese Kontrollpflichten auch gegenüber Ehegatten gelten.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass es sich auch und gerade bei Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen lohnen kann, einen Rechtsanwalt einzuschalten und nicht auf jedes vermeintlich günstige Vergleichsangebot der Rechteinhaber bzw. deren Vertreter einzugehen. Der Nachweis einer Rechteverletzung wird zunehmend schwerer für die Urheberrechtsinhaber, was auch die aktuelle Rechtsprechung zum Anordnungsverfahren zeigt. Vielleicht ist dies ein gangbarer Weg, um die geschäftsmäßige Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen und Abmahnkosten aufgrund von Urheberrechtsverletzungen jedenfalls zu erschweren. Ob sich die neuen Rechtsansichten des OLG Köln auch bei anderen Gerichten und Obergerichten durchsetzen werden, bleibt jedoch abzuwarten.

OLG Köln v. 24.03.2011 - 6 W 42/11 (bei medien-Internet-und-Recht.de) (*.pdf)

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